Heute möchte ich euch einen Zeitzeugen vorstellen, der lauter „Siebziger!“ ruft als eine Lavalampe auf einem Flokati-Teppich. Es geht um die kleine, freche Schwester von Bulova: Eine Caravelle Automatic mit einem Zifferblatt, in dem man versinken möchte.
Caravelle wurde von Bulova als Einstiegsmarke positioniert, um zuverlässige Uhren für den Alltag zu bieten. Was damals als „Gebrauchsuhr“ galt, ist heute ein wunderbares Stück Designgeschichte mit Ecken, Kanten und ganz viel Charakter.






Das Gehäuse: Kantig, massiv, präsent
Das Gehäuse ist ein typischer Vertreter der „Funky 70s“. Wir haben hier keine klassische runde Form, sondern eine Kissenform (Cushion Case) mit breiten Flanken.
- Material: Wie auf dem Bodendeckel ehrlich vermerkt („Base Metal Bezel“), handelt es sich um ein verchromtes Gehäuse mit einem Boden aus Edelstahl. Die Fotos zeigen, dass die Uhr gelebt hat: An den Kanten schimmert stellenweise das Messing durch („Brassing“), und die Flanken erzählen von vergangenen Tagen. Aber genau das macht für mich den Reiz einer solchen Vintage-Uhr aus – sie ist authentisch.
- Das Glas: Ein Highlight ist das extrem hoch gewölbte Plexiglas. Es ragt weit über das Gehäuse hinaus und sorgt für diese warmen Verzerrungen am Rand, die wir an Vintage-Uhren so lieben. Es verleiht der Uhr eine enorme optische Tiefe.
Das Zifferblatt: Ein Traum in Blau
Das absolute Highlight dieser Uhr ist das Gesicht.
- Die Farbe: Ein sattes, tiefes Matt-Blau, das je nach Lichteinfall fast ins Elektrische geht.
- Das Layout: Um das Blau herum verläuft ein weißer Minuterie-Ring, der dem Ganzen einen sportlichen „Rallye“-Look verleiht. Die Indizes sind massiv, aufgesetzt und blockartig – passend zum Gehäuse.
- Die Zeiger: Besonders charmant finde ich den Sekundenzeiger. Er ist in einem hellen Hellblau (Babyblau) lackiert, was einen fantastischen Kontrast zum dunklen Zifferblatt bildet. Ein kleines Detail, das zeigt, dass sich die Designer damals wirklich Gedanken gemacht haben.
- Beschriftung: Auf 12 Uhr stolz „CARAVELLE AUTOMATIC“, auf 6 Uhr „17 JEWELS“. Kein Datum, das die Symmetrie stört – puristisches Design.
Das Werk: Zuverlässiger Traktor
Im Inneren tickt ein Automatikwerk mit 17 Steinen. Da Caravelle zu Bulova gehörte, kamen hier oft solide Werke zum Einsatz (häufig japanische Ebauches von Citizen/Miyota oder Schweizer Werke von AS, die für Caravelle gelabelt wurden). Diese Werke gelten als die „Traktoren“ der Uhrenwelt: Vielleicht nicht die hübschesten, aber sie laufen und laufen und lassen sich auch heute noch gut warten. Die Uhr läuft sofort an, wenn man sie schüttelt – „Shake and go!“
Das Band: Stahl im Falt-Design
Montiert ist ein passendes Edelstahlband mit gefalteten Gliedern.
- Optik: Es greift die mattierte (gebürstete) Oberfläche der Gehäuseoberseite perfekt auf.
- Tragegefühl: Diese alten Faltbänder sind oft klapprig („Rattle-Bracelets“), aber genau deswegen tragen sie sich so lässig und leicht. Es ist ein integrierter Look, der die Uhr am Handgelenk wie aus einem Guss wirken lässt. Die Schließe ist einfach, aber funktional.
Fazit am Handgelenk
Die Caravelle ist ein Statement. Sie ist nicht elegant im Sinne einer flachen Dresswatch, sie ist „funky“. Am Arm wirkt sie durch die breite Gehäuseform größer, als die reinen Maße vermuten lassen. Das Blau des Zifferblatts zieht die Blicke auf sich, besonders in der Sonne unter dem gewölbten Plexi.
Sie ist der Beweis, dass man keine vierstelligen Summen ausgeben muss, um eine Uhr mit Geschichte und einem eigenständigen, coolen Design zu tragen. Eine ehrliche Uhr, die ihre Narben mit Stolz trägt.
