Enicar – Eine Marke mit Pioniergeist, Technik und Abenteuerlust
Die Geschichte von Enicar ist eng verknüpft mit Innovation, sportlichem Pioniergeist und dem Anspruch, hochwertige Schweizer Uhren für den aktiven Lebensstil zu entwickeln. Auch wenn Enicar heute nicht mehr zu den großen Playern der Branche gehört, hat die Marke einen festen Platz im Herzen vieler Vintage-Liebhaber – und das völlig zu Recht.
Anfänge: Familienbetrieb mit Vision
Die Wurzeln von Enicar reichen zurück ins Jahr 1913, als Ariste Racine zusammen mit seiner Frau Emma die Firma im schweizerischen La Chaux-de-Fonds gründete. Der Name „Enicar“ ist ein Ananym – also der Rückwärtsschriftzug des Familiennamens Racine.
Schon früh verlegte sich das Unternehmen auf die Produktion von hochwertigen Uhrwerken, die sowohl für eigene Modelle als auch für andere Hersteller verwendet wurden. Ab den 1930er-Jahren spezialisierte sich Enicar zunehmend auf Armbanduhren, und bereits damals begann man mit der Entwicklung besonders robuster und präziser Zeitmesser.
Der Durchbruch: Sportuhren mit wissenschaftlichem Anspruch
Enicar erlangte internationale Aufmerksamkeit vor allem in der Nachkriegszeit, insbesondere in den 1950er- und 1960er-Jahren. Die Marke setzte bewusst auf funktionale Uhren für Forschung, Sport und Expeditionen.
Besonders bekannt ist Enicar für drei Modellreihen:
🧭 Enicar Sherpa
Die Sherpa-Serie ist vielleicht das berühmteste Aushängeschild der Marke. Die Bezeichnung spielt auf die legendäre Himalaya-Expedition von 1956 an, bei der Enicar-Uhren unter extremen Bedingungen zum Einsatz kamen – unter anderem am Lhotse (Nachbarberg des Mount Everest).
Die Sherpa-Serie umfasst zahlreiche Modelle:
- Sherpa Graph – Chronograph mit Valjoux-Kaliber, beliebt bei Rennfahrern
- Sherpa Guide – Weltzeit- und GMT-Modelle
- Sherpa Jet – mit Innenlünette und drehbarem Stundenring
- Sherpa Dive / Sherpa OPS – Taucheruhren mit markantem Gehäuse
Viele Sherpa-Modelle nutzten das EPSA Super Compressor-Gehäuse, das sich bei steigendem Wasserdruck selbsttätig abdichtet – eine technische Besonderheit, die Sammler heute besonders schätzen.
🧪 Ultrasonic-Serie
Ab den 1950er-Jahren verwendete Enicar in der Werbung das Schlagwort „Ultrasonic“, da man die Werke per Ultraschallreinigung besonders gründlich säuberte – ein innovativer Ansatz für mehr Ganggenauigkeit und Langlebigkeit.
🕰️ Manufakturkaliber & Automatikwerke
Enicar entwickelte eigene Werke und modifizierte ebensolche – darunter das AR Kaliber 1125, ein bewährtes Automatikwerk, sowie zahlreiche Handaufzugs- und Chronographenkaliber (z. B. mit Valjoux 72 oder Lemania-Basis).
Design und Technik – unverkennbar Enicar
Enicar-Uhren der 60er- und 70er-Jahre zeichnen sich durch:
- markante Gehäuseformen (meist asymmetrisch oder tonneau-förmig)
- leuchtstarke Zifferblätter mit Farbverlauf, Kontrastindizes oder sportlicher Typografie
- geschraubte Böden mit dem Saturn-Logo
- die charakteristische Krone mit „Saturn“-Symbol
Die sportlich-progressive Formsprache ist heute hochaktuell und macht Enicar-Uhren – insbesondere in gutem Originalzustand – zu gefragten Sammlerstücken.
Der Niedergang: Quarzkrise und Produktionsstopp
Wie viele andere traditionelle Schweizer Hersteller geriet Enicar in den 1970er-Jahren durch die sogenannte Quarzkrise unter Druck. Die billige, zuverlässige Konkurrenz aus Asien machte den aufwändig produzierten mechanischen Uhren zunehmend das Leben schwer.
1987 wurde Enicar schließlich liquidiert. Die Markenrechte gingen später in asiatische Hände über – dort werden bis heute Uhren unter dem Namen Enicar produziert, jedoch ohne Bezug zur historischen Manufaktur. Die echten Sammlerstücke stammen alle aus der Zeit vor 1980.
Sammlerwert und Fazit
Enicar ist unter Vintage-Enthusiasten längst kein Geheimtipp mehr. Besonders Modelle wie der Sherpa Graph, der Sherpa Jet oder frühe Taucheruhren mit Super Compressor-Gehäuse erzielen auf Auktionen heute vierstellige Beträge – bei Top-Zustand sogar deutlich mehr.
Was Enicar ausmacht:
✅ Technisch durchdachte Sportuhren
✅ Eigenständiges Design mit Wiedererkennungswert
✅ Historischer Hintergrund und Expeditionsbezug
✅ Solide Verarbeitung, oft mit Manufaktur- oder Top-Kalibern
✅ Noch erschwinglich – aber im Aufwärtstrend
Wer eine Enicar in gutem Zustand mit Originalzifferblatt, unpoliertem Gehäuse und idealerweise noch mit Zubehör ergattert, besitzt ein echtes Stück abenteuerlicher Uhrengeschichte.